26.08.2022

Werbeindustrie räumt hohen Energieverbrauch ein: Politik muss sofort handeln

In die Debatte um das Abschalten leuchtender Werbeanlagen kommt Bewegung: Erstmals hat die werbetreibende Industrie jetzt eingestanden, dass ihre elektronischen Monitore gigantische Mengen Strom verbrauchen. Nachdem sich die beteiligten Unternehmen in der Vergangenheit stets darum gedrückt hatten, nennen sie in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der LINKEN (Drucksache 22/9057) nun erstmals konkrete Zahlen zu ihrem Energiehunger.

Demnach benötigen die in der ganzen Stadt auf Bürgersteigen und an Straßenrändern aufgestellten 9-qm-Werbemonitore 8.000-20.000 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Jahr. Jede einzelne dieser Anlagen verbraucht jährlich also so viel Strom wie 4-10 private Haushalte insgesamt.

Die Senatsantwort bestätigt übrigens die von Hamburg Werbefrei von Beginn an genannten Verbrauchswerte. Während die Initiative immer transparent von beidseitig betriebenen digitalen Werbeanlagen geschrieben hat nennen die Werbefirmen Ströer und Wall Werte für Werbeanlagen mit einseitigem Monitorbetrieb, ohne explizit darauf hinzuweisen. Die allermeisten digitalen Werbeanlagen in Hamburg werden beidseitig digital betrieben.

Die Senatsanfrage zeigt zudem, dass der Ausbau solcher extrem stromfressenden Werbeanlagen auch mitten in der Gas- und Klimakrise ungebremst weitergeht. Allein im laufenden Jahr hat die Werbeindustrie im Hamburger Stadtgebiet mehr als 100 neue elektronische Werbeanlagen aufgestellt, darunter 54 digitale Säulen, die besonders viel Energie fressen.

Nils Erik Flick von der Volksinitiative „Hamburg werbefrei“: „Nun haben wir es schwarz auf weiß: Nur eine einzige Großwerbetafel verbraucht im Jahr so viel Strom wie mehrere private Haushalte. So viele Energiespar-Duschköpfe können wir gar nicht einbauen, um gegen diese gigantische Verschwendung anzusparen. In Zeiten, in denen Privatleuten der Verzicht auf Heizen und Duschen nahegelegt wird, ist der Weiterbetrieb elektronischer Werbung eine Zumutung. Es darf nicht sein, dass laut Hamburger Energiesparplan Verkehrsampeln, Brunnen und Straßenlaternen abgeschaltet werden, Werbeanlagen aber nach wie vor ungebremst weiterlaufen.“

Flick erinnert an den Appell von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, es gehe in der gegenwärtigen Krise um ‚jede Kilowattstunde‘. „Wenn das stimmt, liefert jede einzelne Werbeanlage 20.000 Argumente dafür, sie sofort abzuschalten. Die Politik muss den bestehenden Anlagen jetzt sofort den Saft abdrehen und den Aufbau neuer Anlagen stoppen.“

Eine vorübergehende Nachtabschaltung reiche dazu nicht aus und würde nur einen Bruchteil des Problems lösen, sagt Flick: „Tagsüber, wenn die Werbemonitore gegen das Sonnenlicht anleuchten müssen, ist ihr Stromverbrauch logischerweise viel höher als in der Nacht, wenn sie heruntergedimmt werden können. Wer den von der Werbeindustrie verschwendeten Strom einsparen will, muss die Anlagen nicht nur nachts, sondern auch tagsüber abschalten.“