Hamburg ist keine Dauerwerbesendung

24.03.2023 Der Senat hat das Landesverfassungsgericht angerufen. Damit ist eine Unterschriftensammlung für das Volksbegehren im Sommer ’23 leider nicht mehr möglich. Hier ist unsere Pressemitteilung dazu.

Den Antrag des Senats an das Hamburgische Verfassungsgericht ist hier veröffentlicht.

An dieser Stelle auch noch einmal der Hinweis auf unsere Spendenseite. Wir können kleinere und größere Beträge gut gebrauchen, danke!

Acht Aktenordner mit insgesamt 15.303 Unterschriften wurden am 21. Oktober im Rathaus abgegeben. Ist deine auch dabei? Danke!

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Unser Anliegen:

Öffentliche Räume sind Orte der Begegnung und des kulturellen Austauschs sowie des sozialen Lebens und der Vielfalt. Die Gestaltung öffentlicher Räume wirkt sich unmittelbar auf ihre Funktion und damit auf die Aufenthaltsqualität im Stadtraum aus.

Werbung als Mittel des kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Austauschs ist ein Bestandteil des öffentlichen Raumes. Da Werbung jedoch Aufmerksamkeit erregen und möglichst einen nachhaltigen Werbeeffekt bewirken soll, müssen Werbeanlagen auffallen.

Die zunehmende optische Dominanz von Werbung im Stadtraum wirkt sich negativ auf das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild sowie die architektonische und städtebauliche Gestaltung aus. Die Anzahl von Werbeanlagen allein auf öffentlichem Grund der Freien und Hansestadt Hamburg hat sich seit dem Jahr 2010 von etwa 1.000 auf mehr als 4.000 Anlagen vervierfacht. Die laufende Digitalisierung der Werbeanlagen wird das Problem weiter verschärfen. Die animierten und bewegten Inhalte solcher Anlagen ziehen die Aufmerksamkeit auf sich und erzeugen eine unerwünschte Unruhe im Stadtraum.

Durch die Änderung der Vorschriften für Werbeanlagen in der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) werden folgende Ziele verfolgt:

  • Reduzierung der Anzahl von Werbeanlagen, insbesondere auf öffentlichem Straßengrund
  • Umsetzung gestalterischer Vorgaben für Werbeanlagen zwecks stadtbildverträglicher Integration und Vermeidung von optischer Dominanz von Werbung im Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild
  • Grundsätzliches Verbot von digitalen Werbeanlagen und Wechsellichtanlagen

Die vorgesehenen Änderungen der Bauordnung sollen mit dem Mittel der direkten Demokratie umgesetzt werden. Der Volksentscheid soll parallel zur Wahl des Europaparlaments im Frühjahr 2024 stattfinden.

Weiterhin zulässige Anlagen:

Nicht mehr zulässige Anlagen:

Siehe auch unsere Vorher/Nachher-Seite.

Unser Recht auf Stadt als kultureller Raum

Die zunehmende Kommerzialisierung und Privatisierung des öffentlichen Raums stellen das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben als auch den Ort selbst, der eine gewisse kulturelle Vielfalt abbilden soll, vor große Herausforderungen. Die Anzahl an Außenwerbung, deren Größe, die Wahl der Standorte sowie die verwendeten Technologien wie digitale Werbeanlagen, machen Werbung allgegenwärtig und unausweichlich. Besonders aufdringlich sind bewegte Werbeinhalte digitaler Anlagen im öffentlichen Raum. Diese Technologie macht sich die Tatsache zunutze, dass jedes bewegte Bild an der Peripherie unseres Gesichtsfeldes automatisch unsere Aufmerksamkeit erregt und ein erhöhtes Maß an Wachsamkeit und Stress auslöst, wodurch die Speicherung der Botschaft gefördert wird.

Mit der Reduzierung von Werbeanlagen, den Gestaltungsvorgaben und des grundsätzlichen Verbots von digitalen Werbeanlagen wird die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum nachhaltig erhöht.

Verkehrssicherheit

Werbeanlagen konkurrieren mit Verkehrsschildern und Ampeln um die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer. Nach einer Studie des Werbeunternehmens WallDecaux beträgt die Fixierungsdauer von Autofahrern bei analogen Werbeanlagen 1,85 Sekunden und bei digitalen Werbeanlagen 2,38 Sekunden. Bei einer innerstädtischen Geschwindigkeit von 50 Kilometer pro Stunde legt ein Fahrzeug in 2,38 Sekunden 33,05 Meter zurück.

Die Reduzierung von Werbeanlagen und das Verbot digitaler Anlagen sorgen für weniger Ablenkung der Verkehrsteilnehmer. Dadurch ist ein positiver Einfluss auf die allgemeine Sicherheit des Straßenverkehrs zu erwarten.

Umwelt und Klima

Beleuchtete, hinterleuchtete und digitale Werbeanlagen sind für einen Großteil der Lichtverschmutzung und die damit einhergehenden negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur verantwortlich. Die Folgen von künstlichem Licht am Abend und bei Nacht reichen von Schlafstörungen bis zu schwerwiegenden Stoffwechselerkrankungen.

Bei Insekten und Vögeln werden das Paarungs- und Wanderverhalten sowie die Nahrungssuche nachhaltig gestört, was schließlich zu einer Verminderung der Artenvielfalt führt.

Digitale Werbeanlagen wie Videomonitore und Mediaboards haben einen enormen Ressourcen- und Energieverbrauch. Eine beidseitig betriebene digitale Werbeanlage im CityLightPoster-Format (ca. 2 qm Werbefläche) hat bei einem durchgängigen Betrieb einen jährlichen Energieverbrauch von etwa 15.000 kWh. Dies entspricht dem Verbrauch von etwa zehn Single-Haushalten. Bei einem Betrieb von 6 bis 24 Uhr liegt der jährliche Energieverbrauch bei etwa 11.250 kWh.

Die fortschreitende Digitalisierung von Werbeanlagen hat somit nicht nur negative gestalterische Auswirkungen auf den öffentlichen Raum, sondern konterkariert überdies die Klimaschutzziele der Freien und Hansestadt Hamburg (§ 2 Hamburgisches Klimaschutzgesetz).

Durch das grundsätzliche Verbot digitaler Werbeanlagen, sowie die Reduzierung von Werbeanlagen auf öffentlichem Grund und der damit einhergehenden Energieeinsparung wird die öffentliche Hand ihrer besonderen Verantwortung nach dem Hamburgischen Klimaschutzgesetz gerecht.

Kosten

Nach Auskunft des Landeswahlleiters beliefen sich die Einnahmen aus den Werberechtsverträgen im Jahr 2019 auf rd. 33 Millionen Euro. Die Einnahmen aus der Vermarktung von Werberechten an Fahrgastunterständen des ÖPNV liegen in einer Größenordnung eines mittleren zweistelligen Millionenbetrags.

Eine genaue Bezifferung der wegfallenden Einnahmen ist nicht möglich, da der Senat sich bezüglich der Erträge aus den Werberechtsverträgen auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen beruft.

Ein gesamter Wegfall der Einnahmen ist jedoch nicht zu befürchten, da weiterhin Ausnahmen für Werbeanlagen auf öffentlichem Grund wie beispielsweise Werbung an Fahrgastunterständen des ÖPNV, aber auch an klassischen Litfaßsäulen zulässig sind.

Sofern Einnahmen auf Grund der Gesetzesänderung wegfallen, stehen diesen erhebliche Vorteile wie die Aufwertung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, Energieeinsparung, Reduzierung der Lichtverschmutzung sowie die allgemeine Förderung der Verkehrssicherheit durch weniger Ablenkung gegenüber.

Entschädigungsansprüche durch den Wegfall von Werbemöglichkeiten sind auf Grund der Übergangsregelungen nicht zu erwarten.

Die seit dem 1. Januar 2009 gültigen Gestattungsverträge über Werbung auf Staatsgrund der Freien und Hansestadt Hamburg wurden durch den Senat mit den Vertragspartnern Wall GmbH und DSM/Ströer im Jahr 2021 coronabedingt angepasst. Die Vertragsänderungen betreffen eine coronabedingte Senkung der Vertragsentgelte für die Freie und Hansestadt Hamburg, die Verlängerung der Vertragslaufzeit von Ende 2023 bis nunmehr zum 31. Dezember 2026 und die Möglichkeit der Vertragspartner zur umfassenden Digitalisierung aller Anlagen.

Nach der Übergangsregelung sind nicht mehr zulässige Werbeanlagen zum 31. Dezember 2026 zu beseitigen. Da die Gestattungsverträge zu diesem Zeitpunkt regulär enden, sind Entschädigungsansprüche der Wall GmbH und DSM/Ströer ausgeschlossen.

Über uns

25.4.22 Sammelstart vor dem Rathaus

Wir sind Hamburger:innen, denen ihre Stadt am Herzen liegt. Uns bewegen Themen wie öffentlicher Raum, Architektur, Stadtplanung, Verkehrssicherheit und Umweltschutz.

Wir agieren unabhängig von Parteien. Vorbild und Partnerin ist für uns die Initiative Berlin Werbefrei, die für ihr Anliegen bereits über 43.000 Unterschriften sammeln konnte.

Die Vereinten Nationen haben es maximal deutlich formuliert: Die Menschheit geht sehenden Auges einer Katastrophe entgegen. Die Wirtschaft muss sofort nachhaltig umgebaut werden. Die Stadt mit stromfressenden Werbemonitoren vollzustellen, die zu mehr Konsum anregen, geht komplett in die falsche Richtung.

Martin Weise, Pflegeassistent

Wer sollte über das Stadtbild Hamburgs entscheiden dürfen? Einzelne Großkonzerne oder doch lieber die Bürger:innen?

Antonia Petschat, Architektin

Außenwerbung bringt der Stadt Geld, aber zu welchem Preis? Dieses Geld wird durch einen Raubbau an unserer Aufmerksamkeit erwirtschaftet.

Dr. Nils Erik Flick, IT-Berater

Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass Hamburg auch noch den öffentlichen Raum für Werbebotschaften von Facebook, Amazon und Co. ausverkauft. Durch weniger Werbung und damit weniger Konsumbotschaften gewinnt unsere Stadt mehr Aufenthaltsqualität.

Dr. Hannes Lincke, Chemiker

Die Außenwerbung in Hamburg wird immer mehr und aufdringlicher, was aus einer Vielzahl von Gründen problematisch ist. Dem muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden!

Dr. Anne Gerdes, Mathematikerin

Unsere Stadt, ihre Bewohner, unsere Verkehrssicherheit, unsere Ressourcen müssen dringendst geschützt werden
vor Leucht- und Digitalwerbung an unseren Straßen und Plätzen!

Domenica De Grazia, Groß- und Außenhandelskauffrau

Ich bin enttäuscht, dass die Stadt Hamburg immer mehr „Stadtmöblierung“ genehmigt. Ich habe eine Tochter, die Rollstuhlfahrerin ist und jedes Hindernis ist ein Ärgernis. Als Mitglied im Verein „Pro Inklusion Hamburg“ weiß ich, dass viele Menschen mit einer Sehbehinderung oder autistischen Veranlagungen sich sehr anstrengen müssen, die Werbung auszublenden.

Ilse Furian, Feldenkraislehrerin

Weitere Unterstützer:innen:

Katja Diehl (Fotocredit Amac Garbe)

„Ich unterstütze Hamburg werbefrei, weil ich glaube, dass der öffentliche Raum nicht nur entschleunigt, sondern auch impulsärmer werden muss und dazu tragen auch weniger beleuchtete Werbeflächen bei.“

Katja Diehl, Autorin und Podcasterin

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